Archiv | November 2012

Warten – Teil II – Fünf Minuten meines Lebens


Jetzt warte ich, dass diese Leere durch irgendetwas gefüllt wird, wie ein Ballon, der nur seinen Zweck erfüllt, wenn er aufgeblasen wird. Aber es gibt nichts, womit sich mein Kopf füllen lässt, weil er voll ist – mit dir. Aber anstatt zu steigen, lässt du mich sinken. Die Enttäuschung macht jeden Schritt nach vorn zu schwer. Ich laufe auf der Stelle. Laufe im Kreis und sehe die gleichen Erinnerungen, immer und immer wieder. Wie du mir sagtest, du würdest ehrlich sein. Wie du mir alle unschönen Wahrheiten gesagt hast, die unbedeutend waren, die du hättest für dich behalten sollen, weil du mir damit all meine eigenen Überzeugungen genommen hast, mich Stück für Stück zum Wrack eines einst prachtvollen Schiffs gemacht hast. Ich habe geglänzt, voller Hoffnungen und Vorfreude auf all die wunderschönen Abenteuer, die ich auf See erleben würde. Du warst meine See – du hast mich getragen. Durch dich war meine Zukunft endlos und klar. Ungewiss und doch mit der Sicherheit, irgendwann an Land zu kommen, in Sicherheit.

Jetzt ist meine Sicht getrübt von den düsteren Aussichten eines einsamen Lebens und dem undurchdringlichen Sturm von Gefühlen, in dem ich treibe. Ohne zu wissen, ob ich es rechtzeitig an Land schaffe, oder einfach untergehen werde. Wer sieht mich schon? Ein kleines Stück Treibholz. Wer braucht mich schon. Wer erkennt, was aus mir werden kann? Es wird viel Arbeit sein, all meine Einzelteile wieder zusammen zufügen. Alles, was ich kann, ist, Geschichten erzählen, von der Einsamkeit und der Sehnsucht. Aber wer will die Geschichten hören? Wo es so viel einfacher ist, ein schönes, aus Zuversicht gebautes Schiff zu kapern, und sicher in den Hafen zu fahren.

Ich weiß nicht, wer ich bin. Wenn mich jemand fragt, dann habe ich keine Antwort darauf. Ich weiß nicht, ob es jemanden geben wird, der es für mich heraus finden will. Der den Lack unter den Kratzern sieht und das Licht unter all dem Schmutz.

Vielleicht hat dieser Text zu viele lächerliche Metaphern. Vielleicht ist er schön. Vielleicht bin ich das. Vielleicht bin ich lächerlich, lächerlich klein, unbedeutend, uninteressant. Dumm. Was kenne ich schon von der Welt, außer Gefühle. Ich kenne alle Gefühle der Welt. Aber nicht die Strände. Nicht die Berge, nicht die Seen. Nur das weite, immer gleiche Meer aus Gefühlen. Aber wer interessiert sich dafür. Für immer. Nicht nur fünf Minuten lang. Fünf Minuten meines Lebens.

Du hast gelogen!


Du hast mir gesagt, du liebst mich. Aber du hast mich nicht geliebt, wie SIE.

Du hast gesagt, du könntest deine Gefühle nicht deuten, dabei weißt du durch SIE, was Liebe für dich bedeutet!

Du hast mir gesagt, ich wäre nicht zu dumm, dabei wartest du auf eine, „die dich fordern kann“.

Du hast mir gesagt, du sagst mir, wenn es eine andere gibt, die dich interessiert. Aber du hast es nicht getan!

Ich habe dich gefragt – und du hast gesagt nein!

Du hast gesagt, du magst keine „zu selbstständigen“ Frauen. Dabei suchst du nach einer unabhängigen Frau!

Du wusstest, dass es mir schwer fällt, zu vertrauen, weil mir so oft etwas vorgemacht wurde.

Aber du hast mir den wichtigsten Teil deines Lebens verschwiegen! Ist das vielleicht kein Lügen? Jemandem nicht zu sagen, wer man ist? Ihm ein falsches Bild von sich zu geben?

Du wusstest alles von mir! Ich hab dich nicht belogen, dir nichts verheimlicht oder vorgemacht. Und ich war sicher, du würdest das auch nie tun!

Ja, ich habe unerlaubt nach den Dingen gesucht, die du mir nicht gesagt hast. Aber ich hätte nichts finden dürfen!

Du hast mir gesagt, es wäre meine Schuld. Du würdest dich wegen mir unattraktiv fühlen. Dabei war es deine Schuld! Weil ich gefühlt habe, was du mir nicht sagen wolltest. Weil es mich innerlich zerfressen hat. Weil es mich abgestoßen hat, ohne dass ich merken konnte, was es ist. Ich habe alle Fehler bei mir gesucht, bin alle Möglichkeiten durchgegangen. Und du hast es zugelassen. Dabei wusstest du, dass ich nichts machen kann. Nichts.

– Weil ich nicht SIE bin!